Soll eine Zahnarztpraxis wachsen, die Patientenschaft langfristig gebunden und neuer betriebswirtschaftlicher Spielraum entstehen, liegt eine Expansion nahe.
Die Inhaber:innen stehen dann jedoch vor einer zentralen Entscheidung: Erfolgt der Schritt in Form einer Zweigpraxis oder empfiehlt sich eher der Aufbau eines Medizinischen Versorgungszentrums, kurz MVZ?
Beide Modelle ermöglichen Wachstum – doch die rechtlichen und strukturellen Unterschiede fallen erheblich aus.
Zweigpraxis: Erweiterung mit festen Vorgaben
Die Einrichtung einer Zweigpraxis ist für Vertragszahnärzt:innen grundsätzlich erlaubt. Sie bedarf jedoch der Genehmigung durch den zuständigen Zulassungsausschuss der Kassenzahnärztlichen Vereinigung.
Die Voraussetzung besteht darin, dass durch die Zweigpraxis eine Verbesserung der zahnärztlichen Versorgung an einem weiteren Ort erreicht wird – und das ohne den Hauptstandort dabei zu vernachlässigen. Die Zweigpraxis darf sich zwar auch außerhalb des ursprünglichen Zulassungsbezirks befinden, dann muss jedoch organisatorisch sichergestellt sein, dass beide Standorte ordnungsgemäß geführt werden können.
Die Betreiber der Zweigpraxis müssen in dieser außerdem regelmäßig selbst tätig sein oder angestellte Zahnärzt:innen einsetzen. Diese Tätigkeit erfordert ebenfalls eine Genehmigung. Darüber hinaus sind verschiedene weitere rechtliche und wirtschaftliche Aspekte zu berücksichtigen, unter anderem im Hinblick auf die Umsatzverteilung, die Investitionsplanung und die Abrechnungsmodalitäten.
Aufgrund dieser Komplexität ist es ratsam, einen spezialisierten Steuerberater für Zahnärzte für die Expansion hinzuzuziehen, um die finanziellen Gestaltungsspielräume rechtssicher auszuschöpfen.
Medizinisches Versorgungszentrum: Größere Freiheit, komplexere Struktur
Ein MVZ eröffnet grundsätzlich mehr Möglichkeiten. Es bringt aber auch deutlich mehr Verwaltungsaufwand mit sich.
Die Grundlage für ein zahnärztliches MVZ besteht in dem § 95 des Fünften Sozialgesetzbuchs. Es handelt sich dabei um eine eigenständige Einrichtung, die mehrere zugelassene oder angestellte Zahnärzt:innen unter einem organisatorischen Dach vereint. Die Gründung eines MVZ ist nur in bestimmten Rechtsformen möglich, in der Regel als GmbH.
Als Träger eines MVZ kommen unter anderem die Zahnärzt:innen selbst, gemeinnützige Organisationen oder auch Krankenhäuser infrage. Es muss ein zahnärztlicher Leiter benannt werden, der in medizinischen Fragen unabhängig agiert und die Verantwortung für die fachliche Versorgung trägt.
Das MVZ erlaubt es, mehrere Standorte zu bündeln oder neue Versorgungsangebote zu integrieren − auch interdisziplinär mit anderen Fachrichtungen. Damit einher gehen jedoch hohe Anforderungen an die Organisationsstruktur, das Controlling und die Einhaltung berufsrechtlicher Vorgaben.
Was bei der Entscheidung zu beachten ist
Die Wahl zwischen Zweigpraxis und MVZ hängt maßgeblich von den individuellen Zielen, der bisherigen Praxisstruktur und den verfügbaren Ressourcen ab. Diejenigen, die eine punktuelle Erweiterung anstreben und weiterhin als Einzelpraxis agieren möchten, finden mit einer Zweigpraxis ein klar geregeltes Modell. Dieses erfordert keine neue Gesellschaftsform und fällt zudem organisatorisch überschaubar aus.
Demgegenüber bietet das MVZ-Modell eine größere Flexibilität hinsichtlich der Personalplanung, erlaubt eine klarere Trennung zwischen Praxisleitung und medizinischer Verantwortung und kann außerdem insbesondere im Verbund mit weiteren Behandlern oder Fachdisziplinen strategische Vorteile bieten.
Die Gründung eines MVZ zeigt sich jedoch nur dann sinnvoll, wenn langfristig ausreichend personelle und administrative Kapazitäten zur Verfügung stehen, um die höheren Anforderungen verlässlich erfüllen zu können.
Expansion braucht Strategie
Ob in Form einer Zweigpraxis oder eines MVZ – die Expansion einer Zahnarztpraxis sollte nicht allein von wirtschaftlichen Chancen getrieben sein, sondern auf einer fundierten Analyse basieren. Beide Wege erfordern rechtliche Klarheit, organisatorische Weitsicht und betriebswirtschaftliches Know-how. Wird frühzeitig geprüft, welche Strukturen am besten zum eigenen Wachstumskurs passen, lässt sich die Grundlage für eine tragfähige Zukunft schaffen, sowohl fachlich als auch rechtlich und unternehmerisch. Eine enge Abstimmung mit der KZV und professionellen Beratern ist in jedem Fall unverzichtbar.
(Bildquelle: Pixabay.com – CC0 Public Domain)